Tierhaltung muss Tier-Bedürfnisse befriedigen

Zierfische sind beliebte Heimtiere. Millionen von Fischen werden weltweit in Heimaquarien gehalten. Aber auch in Laboratorien werden Zierfische (z.B. Zebrafische) in grosser Zahl zu Forschungszwecken gehalten. In der Schweiz leben schätzungsweise sieben Millionen Zierfische allein in privaten Haushalten. Die Artenvielfalt ist enorm und das Angebot verschiedener Zierfischarten entsprechend riesig. Jede Art hat ihre spezifischen Bedürfnisse, die man bei der Haltung und der Einrichtung des Aquariums beachten muss, sollen die Fische sich wohl fühlen. Im Gegensatz zu Säugetieren fehlen bei Fischen jedoch weitgehend fundierte Kenntnisse über die artgerechte Haltung. Dem wollte Claudia Kistler mit ihrer Dissertation ein Stück weit Abhilfe schaffen, der Zürcher Tierschutz hat sie dabei unterstützt.

 

Fische sind empfindungsfähige Wesen

Obwohl den Fischen auch in Fachkreisen noch häufig eine Leidensfähigkeit abgesprochen wird, zeigen immer mehr wissenschaftliche Studien, dass Fische Stress und Schmerzen empfinden und über ein komplexes Verhaltensrepertoire verfügen. Daher kann sich eine Haltung, die den artspezifischen Bedürfnissen nicht entspricht, wie bei anderen Tierarten negativ auf das Wohlbefinden auswirken und zu Verhaltensstörungen führen (z.B. stereotypes Hin- und Herschwimmen). Es bestehen also auch bei der Fischhaltung dringende, tierschutzrelevante Probleme.

 

Forschung zur artgerechten Zierfischhaltung

Das vom Zürcher Tierschutz finanziell unterstützte Projekt „Artgerechte Haltung von Zier- und Laborfischen“ soll dazu beitragen, Wissenslücken zu füllen und das Bewusstsein für die Bedürfnisse von Zier- und Laborfischen und ihre artgerechte Haltung zu fördern. Erste Verhaltensstudien wurden im Rahmen einer Dissertation durchgeführt. Für die Untersuchungen wurden - exemplarisch für beliebte Zierfische - verschiedene kleine Barbenarten sowie Zebrafische und als typische Vertreter für Laborfische verschiedene Zebrafischstämme ausgewählt. Die Fische lebten in Gruppen in grossen Aquarien, wo ihr Verhalten beobachtet wurde. In sogenannten Wahlversuchen erhielten die Fische die Möglichkeit, selber zwischen unterschiedlich strukturierten Abteilen in den Aquarien zu wählen und so zu zeigen, wo sie sich bevorzugt aufhalten.

 

Ergebnisse

Die Wahlversuche haben ergeben, dass die untersuchten Fischarten eine mit Pflanzen und Versteckmöglichkeiten strukturierte Umgebung gegenüber einer strukturlosen Umgebung klar bevorzugen. Das zeigt, dass solche Strukturen wichtige Funktionen für das Verhalten erfüllen und im Heimaquarium angeboten werden sollten. Auch die verschiedenen Zebrafischstämme haben alle gleichermassen bevorzugt die strukturierte Umgebung gewählt (Kistler et al., 2011). Dieses Ergebnis ist in Bezug auf Tierversuche unter Laborbedingungen von Bedeutung. Denn in der konventionellen Laborhaltung werden Zebrafische üblicherweise in kleinen, strukturlosen Wasserbecken mit hohem Tierbesatz gehalten, was in keiner Weise den natürlichen Lebensbedingungen von Zebrafischen entspricht.

 

Fazit

Die Einrichtung von Aquarien muss sich an den Bedürfnissen und dem Verhalten jeder einzelnen Art orientieren. Generell wichtig sind sichere Rückzugsorte. Die Strukturierung des Raums hilft den Fischen auch, bei Streitigkeiten einander auszuweichen. Weiter muss bei der Einrichtung auch berücksichtig werden, ob sich die Fische bevorzugt eher im unteren, im mittleren oder oberen Bereich des Aquariums aufhalten. Zwar stammen die meisten (Süsswasser-)Zierfische aus Nachzuchten. Trotzdem sollte das Aquarium möglichst den Lebensraum simulieren, aus dem die Fische ursprünglich stammen. Denn an diese Bedingungen sind die Fische angepasst und sie ermöglichen arttypisches Verhalten.

 

 Verhaltensprobleme können vermieden werden, wenn Tiere in einer komplexen und stimulierenden Umgebung aufwachsen. Die Haltungsumgebung beeinflusst nachgewiesenermassen auch die Hirnentwicklung. Dies sollte nicht zuletzt bei Tierarten wie den Zebrafischen berücksichtigt werden, die in der Grundlagenforschung, z.B. in der Neurobiologie, eingesetzt werden. Angesichts der grossen Vielfalt von Fischarten und der hohen Anzahl an Fischindividuen, die in menschlicher Obhut leben, sind weitere Untersuchungen und eine verstärkte Information zur artgerechten Haltung von Zier- und Laborfischen dringend nötig.